Schwester Hedwig und die Politik

Arnulf Ratings multiple Charaktere

Leichlingen. Arnulf Rating muss eine multiple Persönlichkeit sein. Aus dem Fernsehen unter anderem mit gelungenen Persiflagen auf Sabine Christiansen bekannt, verblüffte der Kabarettist sein Leichlinger Publikum im Kulturcafé mit einem knappen Dutzend weiterer Charaktere vom Geheimagenten bis zur Krankenschwester.

Wer angesichts von Weißkittel und Schwesternhaube samt angepappter roter Zöpfe mit platten Karnevalskalauern gerechnet hatte, wurde sofort eines Besseren belehrt. Denn „Schwester Hedwigs allerschwerste Fälle“, so der Titel des aktuellen Rating-Programms, tummeln sich vor allem im Becken der deutschen Politprominenz — mit fein verteilten Neurosen über alle Parteien.

Besonders angetan hat es Arnulf Rating dabei allerdings die Gruppe der Christdemokraten. „Am schlimmsten sind ja die, die Merkel in ihrer Umgebung überleben lässt: Pofalla, Kauder, Bosbach.“ Überhaupt gebe es neben der „Kanzleröse“ viele Auffälligkeiten. „Da leiden Leute wie Schäuble oder Jung doch eindeutig am Aufmerksamkeitsdefizitssyndrom.“

Hoppla hopp geht’s mit Schwester Hedwig, Kardinal Meise, dem grünen Krötenschutzbeauftragten Heiner Hohn oder der frustrierten Lehrerin Dr. Katrin Holdenreich-Niederwasser und weiteren Spießgesellen wie Bundeswehroffizieren und garantiert sauberen Sportlern durch den aktuellen oder auch grundsätzlichen alltäglichen und politischen Wahnsinn. Der lässt Schwester Hedwig schließlich zu dem Schluss kommen, dass „die Wahrheit eine Illusion ist, die durch den Mangel an Alkohol hervorgerufen wird“.

„Alle Parteien sind Mogelpackungen“

Die etwas ernstere Analyse überlässt Rating allerdings keinem seiner Charaktere, sondern übernimmt sie lieber selbst: „Alle Parteien sind Mogelpackungen.“ Richtigen Eifer entwickelt der Kabarettist dort, wo er den Betrug am Volk zu entlarven sucht. „Wenn bei Parteien die Inhaltsstoffe genauso draufstehen müssten wie bei Wackelpudding oder Shampoo, dann würde die doch keiner mehr wählen.“ Seiner Empfehlung der direkten Demokratie traut Rating allerdings auch nicht so recht: „Dann würde wahrscheinlich auch nichts besser, aber die Lobbyisten müssten auch mal mich zum Essen einladen.“

Volker Jansen

© Solinger Tageblatt, 19.01.2008