Munterer Patient Deutschland

Ein Kabarettist auf der Suche nach dem perfekten Ruhesitz: Arnulf Rating möchte "Reich ins Heim"

Obwohl im eher ländlichen Lübars heimisch, schaut sich Arnulf Rating schon mal in Charlottenburg um. Für ihn eine der schönsten Gegenden Berlins. Der Kabarettist, Jahrgang 1951, also letztes Jahrtausend, ist schließlich in einem Alter, in dem man überlegt, wo man sich zur Ruhe setzt. Bevor er sich entscheidet, läßt er erst mal wie in der Sabine-Christiansen-Show ausgewiesene Fachkräfte aus der "Ethikrunde Stadt, Land, Fluß" zu Wort kommen. Thema: Pflegestandort Charlottenburg. Hat er eine Zukunft? Und wenn ja, warum?

In kürzester Zeit ist auf der Bühne der Wühlmäuse der Teufel los. Arnulf Ratings neues Solo "Reich ins Heim" entwickelt sich nämlich zum Hochgeschwindigkeitsmarathon. Dem preisgekrönten Satiriker genügen ein paar Brillen und Dialekte, um pausenlos die Rollen zu wechseln und einen Haufen dummschwätzender, selbstverliebter Experten zu entfesseln. Außerdem spielt er noch einen geifernden grünen Alt-68er, der sich für ein Rudi-Dutschke-Heim stark macht, und verhilft seiner beliebtesten Figur zum grandiosen Comeback: Schwester Hedwig. Die spritzt nicht nur die Gerontologenfraktion fit, sondern kommentiert auch bissig das politische Geschehen.

Es geht um die angeschlagene Deutschland-AG. Die krankt bekanntlich an Arbeitslosigkeit, einem Schuldenberg, Überalterung und unsicheren Renten. An tollen Vorschlägen mangelt es nicht. Minister Schäuble etwa will die Bundeswehr im Inneren einsetzen. Zur Fußball-WM wäre das in Ordnung - das deutsche Tor braucht eine starke Verteidigung.

Gut zwei Dutzend "Bild"-Schlagzeilen komplettieren die gelungene Momentaufnahme des munteren Patienten Deutschland. Zum Totlachen.

boro

© Berliner Morgenpost, 06.02.2006