Bayern2Radio: Samstagsbrettl vom 24.7.1999

CD-Tip

Von Gabriele Englet

Es war Mitte der 80-er Jahre in der Theaterfabrik in München-Unterföhring, da hab ich die berühmten Politclowns zum ersten mal live auf der Bühne gesehen.

Es flogen die Eier, es spritzte der Sekt, es wirbelten die Kalauer, die drei Tornados aus Berlin entfachten einen Wirbelsturm im deutschen Kabarett. In der ZEIT wurde das Trio, das in den 70-er Jahren aus der Studentenbewegung hervorgegangen war, so beschrieben:

»Polternd, geschmacklos, roh, übertrieben, verschroben, makaber, unausstehlich und voll daneben, Witze wie Paukenschläge und irgendwie sauwahr. Das war Volkstheater für Spontis, Anarchos, Müslis und Mollies, Hausbesetzer und Türbeschützer, für die Freaks von Berlin bis Biberach.«

Bei Trikont sind jetzt 4 CDs mit Tornado-Hits aus den Jahren 1977-1988 erschienen. Schahbesuch und Bubak-Attentat, Atomprotest und Frauenbewegung, Polizeiwillkür und Demo-Romantik. Manches klingt für heutige Ohren ein bißchen altertümlich, aber es wird die Atmosphäre einer ganzen Epoche lebendig. Was die alten Nummern der 3 Tornados heute noch hörenswert macht, ist die Selbstironie, mit der sie ihre Themen anpacken.

Für die Medien waren die linken Politclowns ein rotes Tuch. Ihr rüder Sketch »Maria und Joseph« hat die Gerichte beschäftigt. Wenige Tage nach dem Mauerfall ist das Szenekabarett im Rahmen einer Live-Sendung mit Künstlern aus aller Welt in der Berliner Deutschlandhalle zum letzten Mal aufgetreten. Einer der drei, Günter Thews, der Mann mit der Reibeisenstimme ist inzwischen verstorben. Arnulf Rating, der jüngste Tornado, ist mit Soloprogrammen unterwegs, die noch den anarchischen Geist der 3 Tornados spüren lassen. Die Original-Tornados empfehlen sich aber jetzt bei Trikont auf vier CDs: ein Hörvergnügen und ein Stück deutscher Kabarettgeschichte.

© Manuskript-Dienst von Bayern2Radio