Arnulf Rating stellt neues Kabarett-Programm vor

Bad Vilbel. Arnulf Rating gilt als einer der wortgewaltigsten Politkabarettisten Deutschlands. Das bestätigte der Künstler jetzt in der Alten Mühle. Dort gastierte er mit seinem neuen Programm »Aufwärts«.


Arnulf Rating möchte, dass es in Deutschland wieder aufwärts geht. Wie ein Aufschwung aussehen kann, zeigt er mit vollem Körpereinsatz und verdeutlicht die Wirtschaft anhand von Bauklötzen. (cf)

Darin rechnet er gnadenlos mit den Medien, dem Fernsehen, Beamten, Lobbyisten, Stimmungsmachern, Politikern und ihren Wählern ab. Schonungslos deckt er die Befindlichkeiten der Gesellschaft auf, um seinen Zuhörern andere, überraschende Perspektiven zu eröffnen. Amüsiert, schockiert, nachdenklich, und teilweise sprachlos ließ das Publikum die Pointen über sich ergehen. Wie groß die Trefferquote von Ratings messerscharfen Deutschland-Diagnosen war, signalisierten die Zuhörer mit zustimmenden Kopfnicken oder bekräftigendem Beifall. Der 59-jährige Wahl-Berliner kann bissig und gemein sein. Und er schreckt nicht vor klaren Worten zurück. Das nasskalte Herbstwetter in der »Stadt der Schmerzmittel« (Bezug auf Stada in Dortelweil) begründete er mit Blick auf deren Lage in der »Wetter au!«.

Wer einen Blick auf das Programmplakat auf der Bühne riskierte, der wusste bereits, wohin die Reise führte: Da befördert eine Rolltreppe ihre Fahrgäste abwärts und mit Schwung hinein in eine braune Brühe, deren Beschaffenheit man nicht näher untersuchen möchte. Was sich hinter dem Spruch »Alles wird besser, aber nix wird gut« verbirgt, zeigte Rating mit vielen Beispielen auf: Er äußerte sich zur Energiepolitik, Opel, Insolvenzen und der Wirtschaftskrise. Letztere bilanzierte er mit den Worten: »Es ist nicht entscheidend, was passiert. Entscheidend ist, was hinten raus kommt.« Bei Helmut Kohl sei dies Angela Merkel gewesen. Sie ist das Gesicht des Aufschwungs. Und die Banane das Symbol für schwarz-gelb.

Heute säßen viele »abgeschlagen« in der Hartz-IV-Falle und die anderen rennen wie im Hamsterrad, um nicht reinzukommen. Was ist in diesem Land los? »99 Prozent liegen im Koma und ein Prozent flippt aus.« Dies sei kein Wunder in einem »Land, wo die Hoffnung Westerwelle heißt«. Der verkünde »sozial ist, was Arbeit schafft«. Ergebnis sei das Wachstumsbeschleunigungs-Gesetz. »Wir bräuchten wie bei Toyota eine Rückrufgarantie für Guido Westerwelle, der kommt vom Gas gar nicht mehr runter.«

Rating schlägt ein Nichtwähler-Aktivierungsprogramm mit Bonuspunkten vor: Da wird aus dem Parteibuch die CSU-Karte in Gold, aus dem Wahllokal eine VIP-Lounge mit Premium-Getränken und aus dem Richtig-Wähler ein gemachter Mann. Dagegen stehe, »was in den letzten Jahren in die Politik gespült wird: Ronald Pofalla oder Kristina Köhler - da ist selbst das Kabarett am Ende. Mir tut der Kollege Richling leid, der die nachmachen muss, der von hinten in die reinkriecht.« Ratings Fazit dazu: »Der Trog bleibt — die Schweine wechseln.«
Christine Fauerbach

© Wetterauer Zeitung, 23.10.2010