Groteske Thesen mit Tempo
Arnulf Rating über das Potenzial der Demokratie
Von Elke Böcker
Neuburg „Aufwärts“ ging’s mit Arnulf Rating in der Marienheimer Kunstscheune. Auf seiner Tournee machte der bekannte Polit-Kabarettist auf der Neuburger Kleinkunstbühne Station und erheiterte sein begeistertes Publikum.
Nach dem tiefen Fall in die Wirtschaftskrise geht’s jetzt wieder „aufwärts“, so Rating, der bei seiner bissigen Gegenwartsanalyse keinen verschonte. Die Kanzlerin - „Pfarrers Kinder, Müllers Vieh...“ - kam dabei genauso schlecht weg, wie der „Hassprediger des Neoliberalismus“ Westerwelle oder die Linken, denen er gar eine rote Karte verpasste. Das deutsche Gesundheitssystem, samt seiner verschnupften Ministerin, die angeblich tonnenweise Schweinegrippenimpfstoff in Spanien gekauft hat, standen ebenfalls auf dem Prüfstand. Rating verwies auf die geldgierige Pharmaindustrie und die überbezahlten Manager, die den gescheiterten Sanierungsfall mit 15 Millionen Abfindung verlassen.
Kabarettist Arnulf Rating fügte Stein um Stein zusammen und komplettierte
so sein Bild von der deutschen Polit-Szene.
Foto: Elke Böcker
Opfer der Krise sind ja bekanntlich nicht die Starken, sondern die Schwachen. Keiner traut sich mehr krank zu sein oder Überstunden abzulehnen. „Heute hätte Gott sich über’s Wochenende Arbeit mit nach Hause genommen,“ bemerkte der wortgewandte Kabarettist. Auch die Abwrackprämie zeige höchst negative Auswirkungen, so sei der eine oder andere damit über seine Kreditlinie gelangt und leide jetzt unter den Folgen.
In schier unglaublichem Tempo schlug er seinen - leider nicht sehr zahlreich erschienenen - Gästen recht überzeugende, realitätsnahe, wenn auch groteske Thesen und dazu die passende Bild-Zeitung um die Ohren. Der Verbraucher müsse sich einfach aus der Krise heraus- kaufen. Dann gäbe es Wachstum bis zum nächsten Crash.
Für die Parteien und das wahlmüde Wählervolk hatte Arnulf Rating ebenfalls ein recht patentes Rezept. Er empfahl Marketing mit Bonus-Programm. Man könne dann zum Beispiel von den Grünen die „Greencard“ bekommen oder die „Rote Karte“ von den Linken erhalten. Da erfährt man welches Potenzial das Produkt Demokratie noch enthält.
© Neuburger Rundschau, 24.10.2009