Pointen prasseln aufs Publikum

Arnulf Rating präsentiert im Unterhaus sein Programm "Alles prima"

Als Bush nach Mainz kam, folgte ihm der Kabarettist Matthias Deutschmann stehenden Fußes und schmiss aufgrund der Tagesaktualität sein Programm über den Haufen. Ähnlich erging es jetzt Arnulf Rating und seinen Nummern in "Alles prima".

Von Jan-Geert Wolff

Die angekündigte Neuwahl bietet für einen Kabarettisten wie Arnulf Rating natürlich Stoff für Stunden. So musste die boulevardeske Presseschau der Zeitung mit den vier Buchstaben in den zweiten Teil weichen. Mit zynischer Süffisanz goutierte Rating hier die zentimeterhohen Schlagzeilen und kommentierte sie wie gewohnt satirisch. Zum Beispiel die jüngste Hochzeit im englischen Königshaus. "Da fragt die Zeitung: 'Was hat Die, was Di nicht hatte?' Ich meine: Den besseren Chauffeur..." Oder die Schleswig-Holstein-Wahl: "Da heißt es 'Simonis peinlicher Sturz' – die Abgänge der dortigen Ministerpräsidenten waren ja schon immer recht tragisch..." Bei aller Satire hat Rating mit dieser Nummer auch ein ernsthaftes Anliegen, kritisiert er doch die Boulevardmedien: "Im Sinne Peter Sloterdijks: 'Hier geben Verwirrte Verwirrung weiter'."

Das Publikum amüsiert sich wie toll und die Rendite des Abend stimmt. Moment, die Rendite? Arnulf Rating stellt sich als stark in der Scherzbranche engagierte Ich-AG samt Geschäftsführung und Betriebsrat vor. Und da das Unterhaus-Publikum mit der Eintrittskarte sozusagen Anteilsscheine erworben hatte, konnte es sich, gemessen an Lachen und Applaus, über ein Riesenwachstum freuen. Dabei führt Rating bei allem Spott einem deutlich vor Augen, wie es um dieses Land bestellt ist: "Rente, Gesundheit, Arbeitslosigkeit – alles dreht sich um diese Fragen und tritt dabei auf der Stelle", hadert der Kleinkunstpreisträger mit der Stagnation in Politik und Gesellschaft. Das jedoch gelingt ihm mit messerscharfen Pointen, wunderbaren Neologismen und auf sprachlich hohem Niveau.

Dabei geht es Schlag auf Schlag, egal ob Papstwahl ("Man sagte ja, der nächste Papst sei ein Schwarzer – und tatsächlich..."), Wahlkampf ("Fotografieren Sie die Leute mal so, dass sie gewählt werden...") oder Finanzloch ("Ich fordere die Schwafelsteuer für Politiker!") – Rating reiht die politischen Themen wie Perlen auf eine Kette. Dass manches Thema da nicht mehr ganz so taufrisch ist, macht nichts – im Gegenteil: Angesichts der vorgezogenen Bundestagswahl hilft es dem vergesslichen Wähler vielleicht wieder auf die Sprünge.

Fazit: Kabarett, das gnadenlos gut ist, weil es eben gnadenlos ist.

© Allgemeine Zeitung (Mainz), 26.05.2005